Kurz geschnackt mit Paartherapeutin Anja Dernick // KURZ GESCHNACKT

Kurz geschnackt mit Paartherapeutin Anja Dernick

Streitet ihr oft mit euren Partnern? Nervt ihr euch gegenseitig? Wärt ihr froh, wenn ihr einfach mal wieder einen Abend alleine verbringen könntet? Und jetzt mal ganz unter uns, habt ihr noch genügend Sex? All diese Fragen haben wir euch in der vergangenen Woche auf unserem Instagram-Kanal gestellt und nun können wir euch auch mit Tipps und Einschätzungen zur Seite stehen.

Wir haben für euch mit der Oldenburger Diplom Pädagogin Anja Dernick, die sich unter anderem auf Paar- und Sexualtherapien spezialisiert hat, mal kurz geschnackt. Wir haben ihr die Ergebnisse der Umfrage gezeigt und können euch im Vorfeld beruhigen: Ihr seid mit euren Problemen nicht alleine!

#1 Hallo Frau Dernick. Vielen Dank, dass Sie Zeit für einen kurzen Schnack haben. In unserer ILO-Umfrage geben 77% der Teilnehmer an, dass sie sich im Lockdown noch genug Zeit für sich selbst nehmen. Was sind Ihre Erfahrungen aus Gesprächen mit Klienten?

Gerne, ich freue mich auch über ein Gespräch mit euch. Zur Frage, aufgrund der im Lockdown reduzierten persönlichen Sozialkontakte bietet sich dem Paar, wie auch jedem einzelnen in der Paarbeziehung, die Möglichkeit Dinge zu tun, für die sonst eher weniger Zeit ist oder die man aus den Augen verloren hat.

Die Paare berichten, dass sie gemeinsam endlich die Fotobücher der letzten Urlaube gestalten, dass sie gemeinsam aussortieren, die Wohnung renovieren, gemeinsam kochen, die Spiele der Kindheit wieder spielen und auch das Puzzeln scheint eine Renaissance zu erleben. Zudem finden einige, meist langjährige Paare, die Gelegenheit ihre Beziehung Revue passieren zu lassen und Anerkennung sowie Wertschätzung für Geleistetes auszusprechen. Nicht zuletzt berichten auch viele über Angebote, wie Online Sport, Fitness, Yoga etc. Diese werden gerne einzeln genutzt, genauso wie auch individuelle Hobbies.

#2 Und was raten Sie den 23%, die sich keine Zeit für sich selbst nehmen?

Den 23%, die sich keine Zeit für sich nehmen, rate ich, dass sie sich fragen: Warum nicht? Was genau hält in dem Punkt auf? In diesem Zusammenhang ergibt es Sinn, den Alltag im Hinblick auf mögliche Stresspunkte anzuschauen, kann vielleicht für Entlastung gesorgt werden? Zudem sollte man sich selbst Mut machen, sich Zeit für sich zu nehmen und diese ganz konkret zu planen. Ich habe gute Erfahrung damit gemacht, mit Paaren, doch auch mit den jeweils einzelnen Partner zu schauen, was denn früher Spaß gemacht hat und was man denn schon immer mal machen wollte. Dafür ist jetzt der Zeitpunkt.

#3 Das klingt schon einmal nach einem guten Plan. In unserer ILO-Umfrage haben wir die Paare gefragt, ob sie sich während des Lockdown sogar von ihrem Partner getrennt haben. 18% der Befragten beantworteten die Frage mit Ja. Haben Sie den Eindruck, dass sich Paare im Lockdown vermehrt trennen?

In meine Praxis kommen in erster Linie (noch) nicht getrennte Paare. Momentan sind es eher weniger Paare, die Trennungsgedanken oder -absichten haben. Im Gegenteil, meist möchten sie um die Beziehung kämpfen und eben dafür Tipps. Es kommen allerdings vermehrt Paare, die aufgrund der Pandemie den eigenen Alltag ganz anders planen und sich auf einmal mehr absprechen müssen. Zudem steht die Umverteilung von Verantwortung und Aufgaben auf der Tagesordnung. Das stürzt viele Paare in eine Krise, denn das was bislang gut funktioniert hat, geht so nicht mehr.

#4 Was raten Sie Paaren, die zurzeit in einer Krise stecken?

Unbedingt miteinander ins Gespräch zu kommen! Gute Absprachen für den Alltag zu treffen und sich Zeit für sich selbst zu nehmen. Zudem ist es auch wichtig, dass den jeweiligen Partner, diese Zeit für sich selbst, auch zugestanden wird.

#5 Sich Zeit für sich selbst zu nehmen, scheint wirklich vieles besser zu machen. Wie sieht es mit der Zeit füreinander aus: In unserer Umfrage befragten wir die Probanden, inwiefern sich die Sex-Häufigkeit in der Beziehung verändert hat. Das Umfrageergebnis sagt aus, dass sich im Durchschnitt nichts verändert habe. Was lässt sich hierzu sagen? Und welche Tipps haben Sie um einer Sexflaute vorzubeugen?

Das Umfrageergebnis mag für die Paare gelten, die nicht in einer Krise sind. Paare in der Krise berichten, dass sie generell weniger Lust auf Sex haben, aber das ich meist für beide in Ordnung.

Meine Tipps für Paare in der Flaute wären:

Nehmen sie sich Zeit und sprechen sie über die Flaute- ohne Vorwürfe und Schuldzuweisungen und sprechen sie über ihre Wünsche und Bedürfnisse – was sind Sexkiller und was macht sie an?

#6 Zudem geben unsere Befragten an, dass sich im Durchschnitt nichts an der Streithäufigkeit in der Beziehung geändert habe. Wie beurteilen Sie das? Was hilft bei vermehrtem Streit in der Beziehung?

Bei vermehrtem Streit in der Beziehung hilft es aus meiner Sicht, dem Konfliktthema Raum und Zeit zu geben. Danach sollt man in Ruhe versuchen eine Lösung zu finden. Das klingt natürlich einfacher als es ist, ist dennoch ein guter Rat. Mit klarem Kopf, kann man Dinge schließlich besser beurteilen.

In Bezug auf den Lockdown bzw. die Pandemie-Zeit lässt sich noch sagen, dass meine Klienten, in den meisten Fällen, schon vorher in einer Krise gesteckt haben.

#7 Viele Singles fühlen sich einsam und sind deshalb auf Dating-Plattformen unterwegs. Wegen der Kontaktbeschränkungen kann sich aber jedoch nicht getroffen werden. Ist das Schreiben über solche Plattformen trotz dessen ein guter Weg im Kampf gegen die Einsamkeit? Oder bewirkt das Schreiben eher noch mehr Einsamkeit?

Ich denke, es ist Typ abhängig, ob das Surfen und Schreiben auf Dating- Plattformen für die Singles ein Weg aus der Einsamkeit ist. Sicher spielt es eine Rolle welche Sozialkontakte sonst noch gepflegt werden und wie häufig. In diesem Zusammenhang spielt es auch grundsätzlich eine Rolle, wie sehr die Personen bereits in ein soziales Netz eingebunden sind.

#8 Gibt es den ultimativen Beziehungstipp, mit dem man auch schwere Zeiten durchsteht? Was raten Sie fast allen Paaren, um eine erfolgreiche Partnerschaft aufrecht zu erhalten?

Kommen Sie ins Gespräch und bleiben Sie in Kontakt! Zudem auch, eine Krise ist nicht das Ende, sondern der Anfang.

Na das macht ja Mut, vielen Dank für das nette Gespräch.

ILO Fazit

Lasst nicht direkt den Kopf hängen, wenn ihr mal eine nicht so harmonische und intime Phase habt. Redet mit euren Partnern und sprecht an, was ihr euch wünscht und was euch stört. Behandelt euch gegenseitig respektvoll und akzeptiert euch gegenseitig. Wenn ihr sauer seid oder sogar Trennungsgedanken habt, dann erinnert euch daran, weshalb ihr euch überhaupt verliebt habt und was ihr aneinander schätzt. Akzeptiert es auch, wenn ihr gegenseitig mal Zeit alleine braucht. Wie wir gerade erfahren haben, kann gerade das der Knackpunkt und vieles besser werden lassen. Also, Kopf hoch, miteinander reden, öfter Küssen, euren Hobbies nachgehen und einfach das Beste aus jeder Situation machen. Zudem darf es ja auch einfach mal Knallen. Das gehört in jeder guten Beziehung dazu. Wie Frau Dernick uns sagt, mit einer Krise geht es erst richtig los!

Falls ihr ansonsten noch weitere Fragen habt oder ihr euch selbst für eine Paartherapie interessiert, schaut direkt einmal online bei Anja Dernick vorbei: paarberatung-dernick-oldenburg.de